Übergang Grundschule - Sekundarstufe 1
Bei der Wahl der weiterführenden Schule nach der Grundschulzeit wurden die Rechte der Eltern durch den Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung gestärkt. Die Entscheidung, welche weiterführende Schule ein Kind besuchen soll, liegt allein bei den Eltern.
Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins der Gemeinschaftsschulen und ehemalige Rektor der Gemeinschaftsschule (Starterschule) an der Geschwister-Scholl-Schule Tübingen Dr. Joachim Friedrichsdorf führt zur Schulwahl Folgendes aus:
Vorbemerkungen
Das übliche Beratungsverfahren an Grundschulen orientiert sich überwiegend an den gemessenen Leistungen in den Fächern Deutsch und Mathematik, sowie einer allgemeinen Einschätzung des künftigen Leistungsvermögens. Auf dieser Basis werden Empfehlungen für entweder die Haupt-/Werkrealschule, die Realschule oder das Gymnasium ausgesprochen.
Nun tritt neben diese drei Schularten aber die Gemeinschaftsschule, und bietet für alle Leistungsausprägungen ein jeweils passendes Angebot an einer Schule an, d. h. neben den in der Empfehlung aufgeführten Schularten Haupt-/Werkrealschule, Realschule und Gymnasium wird in allen drei Fällen die Gemeinschaftsschule aufgeführt
Dieses Angebot wird aber bislang in die bestehende Beratungspraxis zu wenig bzw. nicht angemessen mit einbezogen. Zu sehr dominiert noch die traditionelle Sichtweise auf die etablierten Schularten und ihre jeweiligen Angebote. [...]
Überlegungen zur Grundschulempfehlung
Aus oben genanntem Grund sind nachfolgend einige Überlegungen aufgeführt, die bei der letztendlichen Empfehlung berücksichtigt werden können und den Eltern eine weiterführende Orientierung geben können:
1. Eine Empfehlung für die Gemeinschaftsschule kann erfolgen, wenn die angenommene Leistung auch für die Empfehlung für eine der traditionellen Schulformen erfolgen kann (Doppelung des Angebots).
2. Eine Empfehlung für die Gemeinschaftsschule kann aber insbesondere dann gegeben sein, wenn die Gemeinschaftsschule aufgrund ihres Konzepts Perspektiven bietet, die über eine Zuweisung zu den bisherigen Schularten nicht (in gleichem Maße) gegeben sind. Dies ist insbesondere der Fall, …
wenn das Begabungsprofil eines Kindes große Unterschiede aufweist.
Begründung: Durch die „dynamische Leistungsdifferenzierung“ in der Gemeinschaftsschule kann das Kind in unterschiedlichen Fächern auf unterschiedlichen Niveaus arbeiten. Über- und Unterforderungen werden somit vermieden. Zudem erhalten die Kinder / Jugendlichen die Möglichkeit, sich in einem Leistungsniveau zu erproben / bewähren. Dies wird dem pädagogischen Prinzip der „Passung“ in hohem Maße gerecht.wenn das Kind gerne (sehr) selbstständig arbeiten möchte.
Begründung: Die im pädagogischen Konzept der Gemeinschaftsschule verankerte größere Gewichtung und Gestaltung der Lernprozesse und die damit zusammenhängende Individualisierung der Lernprozesse ermöglichen es, in höherem Maße eigene Wege im Lernen zu gehen und eigene Schwerpunkte bei Inhalten und Arbeitsformen setzen zu können. Ein an manchen Gemeinschaftsschulen vorhandenes Anreizsystem trägt zudem zur weiteren Förderung von Selbstständigkeit bei.wenn das Kind über eine ausgeprägte Leistungsstärke / ausgewiesene Hochbegabung verfügt.
Begründung: Die im Bildungskonzept der Gemeinschaftsschule verankerte Möglichkeit zur „Personalisierung“ von Bildungsprozessen erlaubt es, zusätzliche Niveauansprüche sowie neigungsorientierte Themenbearbeitung in die Lernprozesse der Lerngruppe zu integrieren. Auch dem bei Hochbegabten häufig beobachtbaren deutlich höheren Lerntempo sowie einem ausgeprägten Wunsch nach selbstbestimmtem Arbeiten kann so besser entsprochen werden.wenn das Kind im Rahmen einer Ganztagesschule betreut werden soll.
Begründung: Die Gemeinschaftsschule ist eine Schulform, bei der eine gebundene Ganztages-Rhythmisierung zum Konzept gehört, d. h. die Phasen von Unterricht und Erholung anders gestaltet werden können.wenn das Kind einen durchgängigen neunjährigen Weg zum allgemeinbildenden Abitur gehen möchte.
Begründung: Die Gemeinschaftsschule bietet die meisten der an allgemeinbildenden Gymnasien angebotenen Fremdsprachen in gleicher Sprachenfolge an. Der Übertritt in die Oberstufe erfolgt über die Regelungen der gymnasialen Versetzungsordnung und das Abitur kann - an zunehmend vorhandenen Standorten - in den Oberstufen der Gemeinschaftsschulen selbst erworben werden oder es erfolgt ein Wechsel an eine gymnasiale Oberstufe eines allgemeinbildenden, bzw. beruflichen Gymnasiums.
Das Abitur an Gemeinschaftsschulen ist mit dem Abitur der allgemeinbildenden Gymnasien identisch.wenn die endgültige Entscheidung über den Abschluss erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden soll, ohne dabei die Schule zu wechseln
Begründung: Das Bildungskonzept der Gemeinschaftsschule ermöglicht es, die Entscheidung für einen bestimmten Schulabschluss dann treffen zu können, wenn die Zeit dafür reif ist. Dies gilt einerseits für den Hauptschulabschluss, der nach Kl. 9 oder nach Kl. 10 erworben werden kann. Allerdings ist es nur möglich, unmittelbar nach dem Hauptschulabschluss - in der Regel mit Wiederholung der Klassenstufe 9 auf dem M-Niveau - den Realschulabschluss anzustreben, wenn der Hauptschulabschluss nach Kl. 9 abgelegt wurde.
Auch für die Entscheidung zwischen Realschulabschluss oder Abitur ist es möglich, die Entscheidung später zu treffen. Bei den Wahlmöglichkeiten ab Kl. 6 werden sowohl die Wahlpflichtfächer des Realschulbildungsgangs als auch die Profilfächer des gymnasialen Bildungsgangs angeboten. Dies bietet die Möglichkeit, erst im 2. Halbjahr der Klassenstufe 9 endgültig zu entscheiden, ob ein Schüler / eine Schülerin am Ende der 10. Klasse die Realschulabschlussprüfung macht, oder über die gymnasiale Versetzungsordnung in die Oberstufe versetzt wird.das Kind nicht aus der Gesamtheit seiner Alterskohorte herausgenommen werden soll.
Begründung: Das miteinander Lernen von Kindern unterschiedlichen Leistungsvermögens und Schichtzugehörigkeit bietet einerseits hohe Lernchancen durch ein in der Pädagogik der Gemeinschaftsschule angelegtes „Peer-Tutoring“, sowie deutlich höhere soziale Lernchancen durch die im Konzept der Gemeinschaftsschule angelegte soziale Durchmischung des Altersjahrgangs. Ein für alle Leistungsausprägungen erforderliches Lernniveau ist dadurch gegeben, dass die Gemeinschaftsschule die Inhalte aller Abschlüsse anbietet.
Zu guter Letzt - ins Bewusstsein gerufen
Das Pinguin-Prinzip... eine pädagogische Grundhaltung
Dr. Eckhart von Hirschhausen