Pressetext zum Grundlagenkurs |
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In der RNZ am 12.03.2013 veröffentlicht:
"Wenn der Wolf zur einfühlsamen Giraffe mutiert"
Lehrer und pädagogische Mitarbeiter ergründeten die Tiefen der Kommunikationspsychologie - neue Wege im Bereich des sozialen Lernens
"Nein, nein, jetzt warst du ganz klar Wolf!" "Das war doch jetzt nicht ohne Wertung!?" "Was bedeutet denn der Satz in den Giraffenohren nach innen?" Wer in den vergangenen Wochen in der Karl-Trunzer-Werkrealschule solche Sätze vernommen hat, glaubte wahrscheinlich erst einmal, sich verhört zu haben. Hat er aber nicht! Das gesamte Kollegium der KTS - verstärkt durch drei Lehrerinnen benachbarter Schulen - ließ sich im Modell der Gewaltfreien Kommunikation (GfK oder CNVC) fortbilden und erfuhr dabei, wie Konfliktgespräche gewaltfrei ablaufen bzw. - präventiv gesehen - verhindert werden können. Ziel war (und bleibt) es, den bisweilen harten und unsensiblen "Wolf" in eine empathische und einfühlsame "Giraffe" zu verwandeln, um das zwischenmenschliche Miteinander zu verbessern. An einem Pädagogischen Tag und vier weiteren Nachmittagen schulte die zertifizierte Trainerin Rita Geimer-Schererz in Assistenz von Eberhard Schererz (Mörlenbach) das Kollegium nach dem Konzept des amerikanischen Psychologen und Konfliktmediators Marshall B. Rosenberg. Möglich wurde die besondere Fortbildungsmaßnahme durch einen Förderer der Schule.
"Hurra, ein Konflikt!" Der Begrüßungssatz, der in bunten Farben auf das weiße Papier geschrieben war, löste zunächst einmal Unsicherheit und fragende Blicke aus. Dass Konflikte zum Tagesgeschäft von heutigen Lehrerinnen und Lehrern gehören, steht außer Frage; dass alle Pädagogen gut und gerne darauf verzichten könnten, jedoch auch. Schließlich kosten sie Zeit und Kraft, sind in den meisten Fällen unnötig und fordern ein hohes Maß an Sprachkompetenz. Und wenn der "Gegner" dann noch stur und uneinsichtig bleibt oder gar aggressiv wird, gehen die Chancen auf eine befriedigende Lösung gegen Null. Gut also, wenn man Rüstzeug an die Hand kriegt, um mit solchen Problemen umgehen zu können. Weg mit den alten Mustern von Verteidigung, Rückzug und Angriff; weg mit Widerstand, Abwehr, Verurteilung und Gewalt! Her mit Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Einfühlung; her mit der Gabe, Gefühle und Bedürfnisse erkennen zu können! Denn der empathische Kontakt ist laut Rosenberg diesbezüglich der Schlüssel zum Erfolg.
Und so tauchten die Lehrerinnen und Lehrer in die Tiefe der Gesprächspsychologie ein, wobei eine wertschätzende Haltung sowie ein Grundgerüst zum Aufbau von Verbindungen die Basis bildeten. Einfühlsamkeit mit sich selbst und anderen Menschen sowie das Hören mit Empathie- und Verständnisohren waren weitere Voraussetzungen, um am Ende das "Werkzeug" in Rollenspielen zu herausfordernden Situationen aus dem privaten und beruflichen Alltag ausprobieren zu können. Schon diese ersten kleinen Schritte zeigten den Teilnehmern, dass der GfK-Prozess eine Haltung benötigt, die nicht innerhalb kürzester Zeit angenommen werden kann, sondern kleinschrittig erlernt und eingeübt werden muss. Die GfK ist eine Gesprächsform und eine Lebenshaltung, mit der Menschen lernen, ihren sprachlichen Ausdruck und die Art ihres Zuhörens zu verändern, heißt es im Begleitheft. Nur wenn man es schafft, selbst unter herausfordernden Umständen wertschätzend in Kontakt zu bleiben, ist eine nachhaltige win-win-Lösung möglich.
Motiviert folgte das Kollegium den "Trainern" auf ihrem Weg zur Giraffe, die bei diesem Modell als Symbol für die empathische/einfühlsame Sprache steht. Sie spricht und hört ganzheitlicher, sie trennt Beobachtung und Bewertung, sie nimmt die Gefühle wahr und drückt sie aus, sie bringt die eigenen Bedürfnisse zum Ausdruck und sie findet Wege, das zu bekommen, was man braucht. Der symbolische Wolf hingegen hat in diesen Bereichen Schwächen. Sein Kommunikations-Stil rutscht leicht in die Vorwurfs- und Rechthaberschiene, lässt den nötigen Respekt und oft auch Kritikfähigkeit vermissen, ist dominant und stellt Forderungen. Mit Unterstützung der "Trainer" erstellten die Teilnehmer einen Selbstklärungsprozess zu einer ganz bestimmten Alltagssituation und bewegten sich beim Erkennen und Verbalisieren von Gedanken, Gefühlen, Körperempfindungen, Bedürfnissen und alternativen Verhaltensstrategien in der Tiefe der Kommunikationspsychologie.
Schließlich ist es für eine Lehrkraft tagtäglich ein extremer Balanceakt, sich kraftvoll zu behaupten und eigene Grenzen zu ziehen, gleichzeitig aber einen wertschätzenden Umgang zu pflegen. Und so machte sich jeder Einzelne ans Beobachten und Bewerten, ans Bitten und Fordern, ans Analysieren von Gefühlen und den dahinter steckenden Bedürfnissen. Man ergründete Haltungen, suchte innere Stopp-Tasten, verbalisierte Beweggründe - kurzum: Man ging bewusst mit der Sprache um und zwar in vier aufeinander abgestimmten Schritten. Immer wieder fand man sich in der Vorbildrolle wieder, die ein Pädagoge ja tagtäglich einnimmt. So stellt die Gewaltfreie Kommunikation nicht nur eine Bereicherung der Erziehungsaufgabe der Schule dar, sondern das Lehrerhandeln im Sinne der GfK wird als vorbildliches Handeln für Schüler und Eltern auch ein wichtiges Element im Sozialcurriculum der Karl-Trunzer-Schule sein.
Alles in allem beschäftigten sich die ausgebildeten Pädagogen intensiv mit bewusstem Sprechen und respektvollem Umgang bei Konfliktgesprächen. Nun werden sie bei den nächsten Schwierigkeiten im täglichen Miteinander zwar nicht gerade "Hurra" schreien, aber sie zumindest als selbstverständliche und alltägliche Momente des Zusammenlebens angehen und sie -gewappnet mit dem nötigen Rüstzeug - ganz im Stile der Giraffe aus der Welt zu schaffen versuchen.
Text: Ines Waldherr; Fotos: KTS |
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